Leitlinien kompakt – Schlaganfall (DEGAM)

Leitlinien kompakt – das bedeutet kurz und bündig alles, was präklinisch relevant ist!

In unregelmäßigen Abständen wird es in dieser Rubrik das Wichtigste aus den Leitlinien aus aller Welt und vor allem aus den deutschen Leitlinien zusammengefasst auf die Kralle geben.

Den Anfang macht die neue S3-Leitlinie „Schlaganfall“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) aus dem Jahr 2020!

Prähospitales Assessment
„Die initiale Untersuchung des Notfallpatienten soll standardisiert nach dem ABCDE-Schema erfolgen. Ergibt sich aus ABC ein sofortiger Handlungsbedarf, soll entsprechend gehandelt werden. Ein standardisierter neurologischer Untersuchungsalgorithmus (z. B. FAST) weist mit hoher Sicherheit neurologische Defizite nach und macht so eine gezielte Einweisung möglich.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: 1 a)
Explizit wird hier begründet mit der RCP 2016 und der AHA/ASA 2018, dass der FAST-Test als primäres Testverfahren für die Diagnostik von neurologischen Defiziten genutzt werden soll.

Venöser Zugang
„Sofern ein venöser Zugang in einem akzeptablen Zeitrahmen herstellbar ist, soll er als Absicherungsmaßnahme angelegt werden, da jeder Schlaganfall eine potenziell akut lebensbedrohliche Situation darstellt.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Der venöse Zugang ist natürlich primär nicht unmittelbar erforderlich, da eine spezifische medikamentöse Therapie in den meisten Fällen erst innerklinisch erfolgt, aber da er zur guten klinischen Praxis und den Versorgungsstandards in Deutschland gehört, sollte die Anlage eines venösen Zuganges, sofern es nicht zu einer zeitlichen Verzögerung kommt, auf jeden Fall in Betracht gezogen werden, vor allem da sich die Klinik eines Patienten schnell und unerwartet verschlechtern kann. Desweiteren kann durch die Anlage eines PVKs die Abnahme von Blut schon präklinisch erfolgen, um die Diagnostik innerklinisch ggf. zu beschleunigen, sowie die Messung des Blutzuckers im Rahmen des Ausschlusses von Differentialdiagnosen wie einer Hypoglykämie erfolgen.

Sauerstoffapplikation
„Die Gabe von Sauerstoff sollte erst ab einer Sättigung <95 % erfolgen.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Ein grundsätzlicher Nutzen einer präklinischen Sauerstoffgabe ist aufgrund fehlender Studiendaten nicht belegbar, eher häufen sich Beweise für Nachteile bei Patienten mit ausreichender O2-Sättigung. Die Applikation von Sauerstoff ist wahrscheinlich vorteilhaft bei Patienten, welche den o.g. Sättigungswert unterschritten haben.

Blutzuckermessung
„Die Blutzuckermessung soll erfolgen, um die Differentialdiagnose einer Hypoglykämie sicher auszuschließen. Bei niedrigen BZ-Werten (<60 mg/dl) soll Glucose i. v. gegeben werden.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Neben der Exsikkose ist die Hypoglykämie eine der Differentialdiagnosen, welche ebenfalls neurologische Symptome hervorrufen können. Ob die Blutzuckermessung hierbei mit venösem oder kapillärem Blut erfolgt, ist zu vernachlässigen. Bei einem BZ < 60 mg/dL sollte mit der therapeutischen Gabe von Glucose begonnen werden.

Medikamentöse Therapie bei erhöhten Blutdruckwerten
„Bei Patienten mit vermutetem Schlaganfall soll der Blutdruck gemessen werden.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Eine Hypertonie bei einem Ischämie-Patienten stellt primär eine physiologische Reaktion auf das Verschlussgeschehen dar und ist deshalb nicht primär senkungsbedürftig.

„Bei einem Wert <120 mmHg systolisch und Hinweisen auf eine Exsikkose sollte kristalloide Infusionslösung verabreicht werden.“ (Empfehlungsgrad: B; Evidenzlevel: – -)

„Blutdruckwerte ≥220 mmHg können per vorsichtiger medikamentöser Titration um 15 % gesenkt werden.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Sollte der Blutdruck über 220 mmHg systolisch liegen, kann eine Blutdrucksenkung erwogen werden. Ein studienbelegter Vorteil durch eine Senkung der Hypertonie > 220 mmHg ist aktuell nicht gesichert.

Andere präklinische Basismaßnahmen
„Die anamnestischen Daten, einschließlich der Beginn der Symptomatik und mögliche Lyse-Kontraindikationen sowie bereits erfolgte therapeutische Interventionen sollen dokumentiert werden. Ein Medikamentenplan soll zur Mitgabe vorbereitet werden.“ (Empfehlungsgrad: A; Evidenzlevel: – -)
Mit dem Beginn der Apoplex-Symptomatik beginnt auch das Zeitfenster für eine Lysetherapie. Deshalb sind die Eruierung des Symptomatikbeginns sowie von Kontraindikationen von hoher Wichtigkeit.

Quellen:
Mader, Frederik M.; Schwenke, Reto (2020): S3-Leitlinie „Schlaganfall“. AWMF-Register-Nr. 053-011. Ulm. Online verfügbar unter https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-011l_S3_Schlaganfall_2020-05.pdf, zuletzt geprüft am 26.07.2020.

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